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Bedeutung des eCommerce

eBusiness ist die elektronische Unterstützung Geschäftsprozessen im Allgemeinen, eCommerce bezeichnet die elektronische Unterstützung im Absatzprozess im Speziellen. Dabei werden einerseits Daten benötigt, andererseits entstehen Daten im Umsatzprozess. Sie stellen ein Potenzial von erheblichem Wert dar und differenzieren Ihr Online-Angebot vom Wettbewerb.

Statista prognostiziert einen stetigen Anstieg des eCommerce-Umsatzes weltweit von ca. 2 Billionen € in 2020 auf fast 3 Billionen € in 2025. Auch wenn China und USA die höchsten Anteile an diesem Umsatz ausmachen, ist auch im deutschsprachigen Raum von einem starken Wachstum auszugehen, das die Relevanz der erforderlichen Kompetenz zur Analyse der dabei entstehenden Daten unterstreicht.

Für Controller:innen stellen sich mit der Digitalisierung grundsätzlich veränderte Anforderungen, u.a. in den Bereichen Datenmanagement, Analytics, Business Partnering und agiler Unternehmenssteuerung (vgl. Schäffer/Weber 2016, S. 10.).

Wichtige Problemstellungen liegen im Bereich der

  • Optimierung der Geschäftsabläufe (Preisgestaltung, Profitabilität und Effizienz),
  • der Identifizierung von Geschäftsrisiken (Kundenabwanderung, Betrug, Zahlungsunfähigkeit) oder
  • der Identifikation neuer Geschäftsmöglichkeiten (Upselling, Cross-Selling, Neukundenakquisition).

Orientierung an der Customer Journey

Die erfolgreiche Nutzung der Daten setzt voraus, dass diese systematisch erhoben werden. Strukturgebend dafür kann die Customer Journey sein, die Kontaktpunkte (Touch Points) der Online-Nutzer:innen identifiziert. Hier lassen sich verschiedene Stufen oder Phasen unterscheiden, in denen Daten mit spezifischen Auswertungspotenzialen entstehen.

Phasen oder Stufen in der Custumer Journey, vgl. bspw. Buchberger (2016)

  • Awareness – hier kommt der/die potenzielle Kund:in erstmals mit der Website des Anbieters in Kontakt, bspw. durch einen Klick auf eine Anzeige oder eine gezielte Websuche.
  • Consideration – es folgt die Analyse der Online-Angebote, ggf. der Vergleich mit mehreren Produkten, eine Analyse der Verfügbarkeit und ggf. auch die Prüfung von Konditionen wie Versandkosten etc., ggf. werden Produkte einem Warenkorb hinzugefügt.
  • Acquisition – Der Online-Kauf wird getätigt, die Zahlung wird veranlasst. Nach möglichst kurzer Zeit wird das Produkt zugestellt.
  • Service – nach Erhalt der Produkte kommt es häufig zu erneutem Kontakt im Fall einer (Teil-)Rücksendung. Ggf. treten aber auch Fragen in der Nutzung auf oder es sind Qualitätsprobleme zu klären.
  • Loyalty – Den Abschluss der Journey stellt häufig eine Aufforderung zur Bewertung des Einkaufserlebnisses dar, ggf. verbunden mit Sonderangeboten oder Gutscheinen für weitere Käufe.

In all diesen Phasen entstehen Daten, deren systematisches Auswertung den Absatzprozess verbessern kann. Beispielsweise können Seiten entdeckt werden, an denen Kaufprozesse abbrechen oder im Checkout fehlende Zahlungsoptionen den Abschluss eines Kaufs verhindern.

Das Controlling bietet weitere Ansatzpunkte für eine Bearbeitung der entstehenden Daten, bspw. bietet die klassische und weit verbreitete Balanced Scorecard mit ihren Standarddimensionen interessante Ansatzpunkte, die Ausgangspunkt eines systematischen eCommerce-Controlling sein können. Neben der offensichtlichen Finanzperspektive (bspw. mit den Kennzahlen Umsatzwachstum, Return on Sales, …) ist insbesondere an die Kundenperspektive (Kundenzufriedenheit, Neukundenwachstum, Kundenabwanderung) und die Prozessperspektive (hier bspw. Lieferzeiten aber auch Abbruchquoten, Retourenquoten) zu denken.

Eine weitere Hilfestellung könnte der Business Model Canvas von Osterwalder und Pigneur sein. Die intensive Beschäftigung mit dem bestehenden oder zu entwickelnden Geschäftsmodell macht deutlich, wo Daten benötigt werden und wo relevante Daten entstehen.

Kennzahlen als Controllinginstrument

Kennzahlen informieren komprimiert über quantitative Sachverhalte. Ihre Bedeutung im eCommerce liegt in der Verdichtung der zahlreich anfallenden Daten, um daraus nutzbare Grundlagen für unternehmerische Entscheidungen zu gewinnen. Die verwendeten Kennzahlen sind zahlreich und je nach Branche unterschiedlich.

Besonders wichtig im eCommerce sind bspw. Kennzahlen zum Absatzprozess selbst. Hier wird mit der Bounce-Rate und verschieden Micro Conversion Rates versucht, besonders neuralgische Punkte im eCommerce-Prozess zu identifizieren, an denen Kunden den Absatzprozess vorzeitig verlassen. Während die Bounce-Rate den Anteil der potenziellen Kund:innen identifiziert, die direkt von der Landing-Page die Website des Anbieters verlassen, berechnen die Micro Conversion Rates den Anteil der Nutzer:innen, die an wichtigen Schnittstellen im Umsatzprozess verbleiben, bspw. von der Suche im Produktkatalog zum Befüllen des Warenkorbs oder vom Warenkorb zur Auswahl des Zahlungsmittels.

Nach erfolgreichem Versand sind es insbesondere die Retouren, die in den Fokus rücken: die Alpha-Retourenquote gibt Auskunft über den Anteil der retournierten Pakete. Eine differenziertere Sicht auf Artikelebene erlaubt die Beta-Retourenquote und die Gamma-Retourenquote nimmt eine Wertperspektive der retournierten Artikel ein.
Eine Einschätzung der Gesamtzufriedenheit mit dem Absatzprozess ermöglicht die Net Promoter Score. Indikator für Unzufriedenheit ist sicherlich auch die Customer Churn Rate, die Abwanderungsquote von Kund:innen.

Neben den prozessorientierten und kundenbezogenen Kennzahlen sind auch finanzielle Kennzahlen besonders wichtig, bspw. der durchschnittliche Wert je Kundenauftrag (Average Order Value, AOV), die Bruttomarge, die durchschnittlichen Kosten für die Neukundenakquise (Customer Acquisition Cost, CAC).

Für die genannte und zahlreiche weitere Kennzahlen gilt, dass sie ihre Aussagekraft insbesondere im Zeitvergleich und – schwieriger – im Branchenvergleich entfalten. Wichtiger als die absolute Höhe der Customer Churn Rate ist es, die Ursachen für einen plötzlichen Anstieg derselben zu erkennen. Ebenso ist bspw. mit der Einführung einer neuen Website oder eines neuen Designs die Entwicklung der Bounce-Rate genau zu beobachten: führt das veränderte Auftreten im Netz zu mehr Kund:innen oder vertreibt es diese eher?

Dos and Don’ts

  • Zentrale Voraussetzung für die Nutzung der im eCommerce entstehenden Daten ist ein systematischer Aufbau der Datenbasis. Damit sind insbesondere auch Stammdaten angesprochen (Kundenstamm, Artikelstamm, Artikelgruppen, Kostenstellen, …), die Grundlage für spätere Analyse sind.
  • Die Fragen liegen oft im Detail und werden regelmäßig unterschätzt. Beispielsweise: wer ist die/der die Kund:in? Im Online-Einzelhandel ist dies häufig klar zu beantworten, im B2B eCommerce ist die/der Einkäufer:in oft nicht Entscheider:in. Oder im Multi-Channel-Vertrieb: wer erhält welchen Anteil am Deckungsbeitrag? Der Online-Kanal über den die Bestellung getätigt wurde oder der lokale Markt, über den bspw. eine Auslieferung oder eine Retoure erfolgte?
  • Es ist Aufgabe des Controlling unternehmensweit einheitliche Kennzahlendefinitionen zu etablieren. Klare Prozesse zur Kennzahlenermittlung und -verdichtung sowie für ein einheitliches Reporting sind unverzichtbar.
  • Gerade im eCommerce bietet die Customer Journey einen wertvollen Ansatzpunkt für eine systematische Datengewinnung und -analyse. Denkbar sind aber auch andere Modelle als Grundlage der Identifikation von Touch Points. Unabdingbar ist das klare Verständnis für das eigene Geschäftsmodell, der Business Model Canvas kann hier eine Hilfestellung sein.

Kurze Zusammenfassung als Video

Weiterführende Literatur

  • Buchberger, Oliver (2016): Customer Journey – warum sie so kompliziert ist und sich trotzdem lohnt – OM Kantine. Online im Internet: URL: http://www.omkantine.de/customer-journey-warum-sie-so-kompliziert-ist-und-sich-trotzdem-lohnt/
  • Deges, Frank (2020a): Grundlagen des E-Commerce: Strategien, Modelle, Instrumente. Gabler Verlag.
  • Heinemann, Gerrit (2021): Der neue Online-Handel: Geschäftsmodelle, Geschäftssysteme und Benchmarks im E-Commerce. 12. Aufl. Wiesbaden Heidelberg: Springer Gabler.
  • Ilg, Markus; Baumeister, Alexander (2020): „Business-Analytics im Marketing-Controlling – eine Anwendungsfallstudie für den Automobilmarkt.“ In: Die Digitalisierung der Controlling-Funktion: Anwendungsbeispiele aus Theorie und Praxis. Herausgegeben von Imke Keimer; Ulrich Egle. Wiesbaden: Springer Fachmedien, S. 141–158. Online im Internet: DOI: 10.1007/978-3-658-29196-9_9.
  • Schäffer, Utz; Weber, Jürgen (2016): „Die Digitalisierung wird das Controlling radikal verändern.“ In: Controlling & Management Review, 60 (2016), 6, S. 6–17. Online im Internet: DOI: 10.1007/s12176-016-0093-9.
  • Statista (2022): Umsätze im E-Commerce in der Welt im Jahr 2017 sowie eine Prognose bis 2025. URL: https://de.statista.com/prognosen/484763/prognose-der-umsaetze-im-e-commerce-markt-in-der-welt, abgerufen am 30.12.2022.

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