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Prozesse, Geschäftsprozesse und ERP

In logischer Folge miteinander verbundene Aktivitäten, welche ein bestimmtes Ziel durch das Erreichen von Ergebnissen verfolgen, werden als Prozesse bezeichnet. Diese geplanten, wiederkehrenden Abläufe in einem Unternehmen sind ein wesentlicher Bestandteil für das Bestehen und der Weiterentwicklung des Unternehmens und werden als Geschäftsprozesse bezeichnet. Um ein reibungsloses Zusammenspiel aller Beteiligten (Mensch, Maschine und Material) zu gewährleisten werden diese Geschäftsprozesse üblicherweise durch technische Systeme unterstützt wie beispielsweise Enterprise Ressource Systeme (ERP) oder eCommerce Systeme. Das übergeordnete Ziel bleibt dabei immer die Kund:innenbedürfnisse optimal zu erfüllen und die eigenen gesetzten Unternehmensziele zu erreichen.

ERP-Systeme definieren ein System, welches diese Geschäftsprozesse unterschiedlicher Unternehmensbereiche wie beispielsweise Logistik, Fertigung, Vertrieb und auch Einkauf, Finanzen und Personal zusammenführt, automatisiert und verwaltet. Durch den Informationsfluss über die verschiedenen Abteilungen hinweg, helfen sie in Echtzeit Abläufe zu rationalisieren und die Entscheidungsfindungen zu verbessern:

  • Transparente Supply-Chain vom Einkauf bis hin zur Auftragserfüllung
  • Planung und Optimierung von Fertigungsprozessen durch einheitliche Lösungen
  • Einheitliche Retail Experience und nachvollziehbare Verkaufsdaten
  • Zentrale Personalverwaltung und Ressourcenplanung

Mit dem Einsatz von ERP-Systemen geht auch eine Verbesserung der internen Prozessdarstellung einher. Für die Digitalisierung von Geschäftsprozessen ist eine Dokumentation der Geschäftsprozesse – die Geschäftsprozessmodellierung – Voraussetzung. Dies kann in den verschiedensten Notationen passieren. Üblicherweise kommen hier

  • Flussdiagramme,
  • Ereignisgesteuerte Prozessketten (EPK) oder die
  • Business Process Model and Notation (BPMN)

zum Einsatz. Je nach eingesetzter Notation können diese bereits zur teilautomatisierten oder vollautomatisierten Umsetzung der Prozess in einem ERP-System herangezogen werden. Aufwände und Fehleranfälligkeit werden dadurch reduziert.

ERP-Auswahl

Je nach Unternehmensschwerpunkt und -zielen werden unterschiedliche ERP-System angeboten. Durch die sehr große Anzahl an verfügbaren ERP-Systemen ist es umso wichtiger zu wissen, worauf man bei der Wahl des neuen ERP-Systems achten sollte um die Unternehmensziele bestmöglich zu unterstützen. Auszugsweise drei relevante Funktionen sind:

  • Skalierbarkeit: Die sich oftmals ändernden Anforderungen, wie beispielsweise Unternehmenswachstum sollten abbildbar sein
  • Flexibilität: Lösungen sollten an Unternehmensbedürfnisse angepasst werden können sowie auch erweiterbar sein
  • Integrationsfähigkeit: Auch wenn bereits die Abteilungen im Unternehmen durch das ERP-System gut abgedeckt sind, sind oftmals weitere Integrationen mit spezialisierten Anwendungssystemen durch die Einsatz verschiedener Schnittstellen nötig.

Je nach Individualität der Geschäftsprozesse des Unternehmens, können in einem ERP-System digital abgebildete Geschäftsprozesse als „Best of Breed“ Lösung übernommen werden (Customizing) oder diese müssen gegebenenfalls angepasst werden (Modifikation). Überwiegt der Anteil der zu ändernden digital abgebildeten Geschäftsprozesse in einem ERP-System (Abbildung der USPs), kann über eine Eigenentwicklung von Modulen im ERP-Lösung nachgedacht werden um hier die Erreichung der Unternehmensziele weitestgehend zu unterstützen.

Integrationskomplexität und Schnittstellen

Ein Systeme definiert sich selbst durch vorhandene Systemgrenzen. Die Kommunikation innerhalb eines Systems ist meist gut abgedeckt. Bei der Zusammenführung verschiedener technischer Systeme (Systemintegration) bedarf es der Abstimmung der Schnittstellen um diese Systemgrenzen der beteiligten Systeme zu überschreiten. Die Komplexität der Systemintegration dabei kann je nach Größe und Komplexität des Unternehmens, der bestehenden IT-Infrastruktur und der Anforderungen an das ERP-System unterschiedlich hoch sein. Ein Faktor, der diese Integrationskomplexität beeinflusst, ist auch die Art der Datenintegration. So kann der Austausch zwischen zwei oder mehr verschiedenen Systemen auf unterschiedlichen Ebenen funktionieren: Prozess-, Objekt- und Datenebene. Weiters lassen sich Schnittstellen kategorisieren in

  • Technisches Format (z.B. Einfache Bit, Byte und Zeichenformate, CSV, XML, JSON, EDI Formate),
  • Kommunikationskanal (Datenverzeichnis, E-Mail, HTTP, Nachrichtenbroker) und
  • Datenaufkommen

Bei umfangreiten Integrationsvorhaben werden sogenannte Middleware-Lösungen eingesetzt. Schnittstellenstrukturen werden dabei vereinfacht und dadurch die Fehleranfälligkeit reduziert. Weiters ermöglichen Middleware-Lösungen ebenfalls eine einfache Erweiterbarkeit um neue Schnittstelltypen (Adapter) wie auch die Integration von Cloud und On-Premise Lösungen betrieblicher Anwendungssysteme untereinander. Die Integrationsplattform dient dabei als zentrale Schnittstelle die auch Wartung und beispielsweise Monitoring der Datenübertragung unterstützt und die einzelnen Anwendungssysteme entlastet.

Dos and Don’ts

IT follows Business: Die IT ist ein wichtiger Treiber für die Erreichung der Geschäftsziele und sollte daher auf die Bedürfnisse und Anforderungen des Geschäftszieles ausgerichtet sein. Ebenso sind die Kund:innenbedürfnisse und -erwartungen ständig im Wandel und die IT spielt eine entscheidende Rolle bei der Unterstützung des Geschäftes, diesen Anforderungen gerecht zu werden. Eine gut ausgelegte IT-Infrastruktur, die auf die Bedürfnisse des Unternehmens ausgerichtet ist, kann den Wettbewerbsvorteil erhöhen.

Dokumentation von Geschäftsprozessen: Im Folgenden einige Gründe, warum Geschäftsprozessdokumentation als Do einzustufen ist:

  • Überblick: Dokumentation hilft, ein klares Verständnis des Prozesses zu schaffen und erleichtert es allen Beteiligten, sich über die Details und den Ablauf im Klaren zu sein.
  • Nachvollziehbarkeit: Dokumentation ermöglicht es, Prozesse nachvollziehbar zu machen und den Überblick über Änderungen und Verantwortlichkeiten zu behalten.
  • Kontinuität: Dokumentation ist auch wichtig für die Kontinuität von Geschäftsprozessen, insbesondere in Fällen von Krankheit, Urlaub oder Personenwechsel.
  • Rechtliche Verpflichtungen: In einigen Branchen und Ländern bestehen gesetzliche Anforderungen an die Dokumentation von Geschäftsprozessen.
  • Optimierung: Durch die regelmäßige Überprüfung und Aktualisierung der Dokumentation können Geschäftsprozesse optimiert und verbessert werden.

Planung und Unterstützung: Eine gründliche Planung und Vorbereitung ist entscheidend für eine erfolgreiche Integration eines ERP-Systems mit anderen Systemen und kann dazu beitragen, die Integrationskomplexität zu reduzieren. Es ist wichtig, auf eine erfahrene ERP-Beratung oder Integrator einzubeziehen um bei der Überwindung möglicher Herausforderungen zu unterstützt.

Weiterführende Literatur

  • GPS ULM, 2008: Software Atlas Modelle
  • Grammer, Peter, 2018: Der ERP-Kompass : Erfolgreiche ERP-Projekte im Mittelstand, mitp , ProQuest Ebook Central
  • Gronau, Norbert, 2014: Enterprise Resource Planning, De Gruyter Oldenburg
  • Gronau, Norbert, Bender, Benedict, Berthenau, Clementine, Donath, Ludwig, 2020: ERP Trendreport 2020 (Whitepaper), Center of Enterprise Research, Potsdam
  • Steinbacher, Hans-Peter, 2010, Integration bei ERP-Systemen, VDM
  • Hirzel, Matthias, Geiser, Ulrich, Gaida, Ingo, 2013: Prozessmanagement in der Praxis, Springer Link
  • Weber, Rainer, 2021: Betriebliche Anwendungssysteme, 2. Auflage, Springer Vieweg

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