Algorithmen vs. Menschen
Algorithmus oder Mensch?
Welches dieser drei Bilder wurde von einem Algorithmus gezeichnet?
Welcher dieser beiden NFL Spielzusammenfassungen wurde von einem Algorithmus geschrieben?
Welche dieser beiden Musikstücke wurde von Johann Sebastian Bach und welches von einem Algorithmus komponiert?
Algorithmen werden immer mächtiger – das heißt, Algorithmen sind in der Lage immer mehr Dinge zu tun, die ursprünglich Menschen vorbehalten waren. Und, die Qualität, die Algorithmen produzieren, ist beeindruckend. In vielen Bereichen ist es mittlerweile unmöglich menschen-gemachte und von Algorithmen produzierte Dinge zu unterscheiden. Die Frage ist also immer weniger: Können Algorithmen das? sondern die relevante Frage lautet zunehmend: Wie reagieren Menschen darauf, wenn sie erfahren, dass ein Algorithmus für etwas verantwortlich ist?
Algorithm Aversion
Der Begriff „Algorithm Aversion“ wurde 2015 eingeführt. Er bezeichnet eine Abneigung von Konsument:innen gegenüber Algorithmen; vor allem nachdem sie realisieren, dass Algorithmen nicht perfekt sind. Warum reagieren Konsument:innen so? Ein paar Gründe warum Konsument:innen Algorithmen ablehnen und lieber auf eigenen Fähigkeiten vertrauen sind:
- zu starkes Vertrauen in eigenen Fähigkeiten (vor allem unter Experten) (Logg et al. 2019)
- Unfähigkeit von Algorithmen aus Fehlern zu lernen (Dietvorst et al. 2015)
- zu hohe Erwartungen an Algorithmen (z.B. Perfektion) (Dietvorst et al. 2015)
- Unfähigkeit von Algorithmen Nuancen und individuelle Situationen zu berücksichtigen (Longoni et al. 2020)
Mittlerweile ist die Forschung allerdings weiter und zeichnet ein weniger einseitiges Bild. In vielen Bereichen sind Algorithmen objektiv besser als Menschen und dies zeigt sich auch in den Reaktionen der Konsument:innen. Algorithmen und Menschen haben gewissen Vorteile bzw. einzigartig Fähigkeiten und die Reaktion von Konsument:innen bezieht diese Vorteile bzw. Fähigkeiten mit ein. Algorithm Aversion zeigt sich also nicht:
- bei objektiven und standardisierten Aufgaben (Castelo et al. 2019)
- wenn Konsument:innen erfahren, dass Algorithmen objektiv bessere Ergebnisse liefern (Logg et al. 2019; Longoni et al. 2019)
- je mehr Konsument:innen über die Funktionsweise von Algorithmen Bescheid wissen
Automatisierung: Ja oder Nein?
Immer mehr Dinge können automatisiert werden. Aber soll man das auch? Eine Forschungsarbeit aus dem Jahr 2018 liefert interessante Hinweise dazu (Leung et al. 2018). Diese Arbeit zeigt, dass durch die Automatisierung zwar Dinge erleichtert werden, aber dies unter Umständen nach hinten los gehen kann. Man beschränkt nämlich auch die Möglichkeit der Selbstzuschreibung. Werden Dinge automatisiert, so beruht das Ergebnis nicht mehr (zu 100%) auf der eigenen Leistung. Dies ist problematisch für Personen, denen eine Aktivität besonders wichtig ist. Dies erklärt, warum sich ambitionierte Radfahrer nie ein E-Bike kaufen würden oder warum leidenschaftliche Köche nicht unbedingt von einem Thermomix träumen.
Dies heißt also, nur weil wir in der Lage sind immer mehr Dinge zu automatisieren, ist dies nicht immer der beste Weg. Es muss ein Verständnis entwickelt werden welche Aktivitäten bzw. Prozesse von einer Automatisierung profitieren und welche dies nicht tun. Es gilt abzuwägen, wie viel Automatisierung hilfreich ist und in welchen Bereichen eine menschliche Komponente einen Mehrwert erzeugt.
Weiterführende Literatur
- Dietvorst, B. J., Simmons, J. P., & Massey, C. (2015). Algorithm aversion: people erroneously avoid algorithms after seeing them err. Journal of Experimental Psychology: General, 144(1), 114–126.
- Longoni, Chiara, Andrea Bonezzi, and Carey K. Morewedge (2019), “Resistance to Medical Artificial Intelligence,” Journal of Consumer Research 46 (4), 629–650.
- Logg, Jennifer M., Julia A. Minson, and Don A. Moore (2019), “Algorithm Appreciation: People Prefer Algorithmic to Human Judgment,” Organizational Behavior and Human Decision Processes, 151, 90–103.
- Puntoni, S., Reczek, R. W., Giesler, M., & Botti, S. (2021). Consumers and artificial intelligence: An experiential perspective. Journal of Marketing, 85(1), 131-151.
- Huang, M. H., & Rust, R. T. (2021). A strategic framework for artificial intelligence in marketing. Journal of the Academy of Marketing Science, 49(1), 30-50.
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