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Manche Kampagnen gehen viral; andere verlaufen im Sand. Manche Serien sind in aller Munde; nach anderen Serien kräht kein Hahn. Über manche Marken wird ständig gesprochen; andere kennt niemand so recht. Warum ist das so? Wie kann ich als Organisation Menschen dazu motivieren über meine Produkte und Dienstleistungen (positiv) zu sprechen?

Warum sprechen wir über Produkte, Marken, und Erfahrungen?

Word-of-Mouth betrifft zunächst sämtliche Unterhaltungen über Produkte, Dienstleistungen, Marken, oder Erfahrungen; nicht nur explizite Empfehlungen. Zentral ist es zu verstehen, dass eine Person, die über ein Produkt spricht immer einen Nutzen davon hat. D.h. eine Person spricht nie nur so über ein Produkt sondern die Erwähnung eines Produktes bzw. einer Marke hat immer einen Zweck. Die Psychologie benennt hier fünf zentrale Motivatoren (Berger & Schwartz 2011; Dichter 1967):

  1. Selbstdarstellung
  2. Informationssuche
  3. Soziale Bindung
  4. Beeinflussung anderer
  5. Management von Emotionen

Motivator 1: Selbstdarstellung

Personen sprechen über Marken und Produkte um sich selber in einem positiven Licht erscheinen zu lassen. Die Dinge, über die wir sprechen, sind Hilfsmittel um das Bild, das andere von uns haben, positiv zu beeinflussen. Zum Beispiel, wenn wir über lustige Kampagnen oder Videos sprechen, erscheinen wir lustiger in den Augen anderer. Organisationen können sich dies zu Nutze machen, indem sie informativen bzw. interessanten Inhalt zur Verfügung stellen bzw. interessante, einzigartige Produkte herstellen.

Ähnlich funktioniert es mit besonderen Produkten und Erfahrungen. Wenn uns eine „besondere“ Erfahrung zu Teil wird, dann steigt die Wahrscheinlichkeit, dass wir darüber mit anderen sprechen. Werden wir zum Beispiel von der Economy in die Business Class upgegraded, dann werden wir anderen eher davon berichten. Unternehmen können sich fragen, wie sie Ihren Kund:innen eine besondere, einzigartige Erfahrung bereiten können. Dies muss nicht mit hohen Kosten verbunden sein. Es reicht oft schon ein Produkt als exklusiv darzustellen. Zum Beispiel indem die Stückzahl imitiert wird (siehe Bild).

Motivator 2: Informationssuche

Wir sprechen auch über Produkte und Dienstleistungen um Informationen einzuholen. Dies ist ein besonders starker Motivator in Zeiten von genereller Unsicherheit oder wenn wenig Informationen zu einem Produkt vorhanden sind. Als ein Apple Mitarbeiter einen Prototypen des iPhone 3 „zufällig“ in einer Bar vergessen hatte, sprach jeder darüber ob dies nun wirklich ein Prototyp des neuen iPhones ist. Die Leute hatten ein großes Interesse am iPhone 3, es gab aber (noch) keine offiziellen Informationen von Apple. Mit anderen darüber zu sprechen half den Menschen Informationen einzuholen und so die Unsicherheit zu reduzieren.

Motivator 3: Soziale Bindung

Menschen sprechen gerne darüber, was sie mit anderen Menschen verbindet. Deshalb reden die Menschen auch so gern über das Wetter; weil es jeden betrifft. Das Sprechen über Produkte oder Erfahrungen ist ein Mittel um den sozialen Zusammenhalt zu stärken bzw. eine Bindung zwischen zwei oder mehreren Personen aufzubauen. Unternehmen können sich dies zu Nutze machen, indem sie dieses Gefühl der Gemeinschaft ansprechen.

Motivator 4: Management von Emotionen

Wir sprechen über Produkte, Marken, und Erfahrungen um unseren Emotionen zu managen. Dies können positive aber auch negative Emotionen sein. Wenn wir uns beispielsweise unfair behandelt fühle, teilen wir diese Erfahrung mit anderen um „Dampf abzulassen“ und um andere davor zu warnen. Erfahrungen können aber auch positive Emotionen hervorrufen, die uns dazu bewegen, mit anderen über diese Erfahrung zu sprechen. Hier hat sich gezeigt, dass vor allem so genannte „high arousal“ Emotionen hilfreich sind um Word-of-Mouth zu erhöhen. Dazu gehört zum Beispiel das Gefühl der Überraschung. Interessanterweise ist es nicht von zentraler Bedeutung ob diese Emotionen positive oder negativ sind. Auch negative, high-arousal Emotionen wie Wut motivieren uns, eine Erfahrung mit anderen zu teilen. Unternehmen können sich dies zu Nutze machen, indem sie gezielt diese förderlichen Emotionen auslösen.

Folgendes Video veranschaulicht, welche Macht (positive) high-arousal Emotionen haben:

Motivator 5: Gezielte Beeinflussung anderer

Zu guter Letzt sprechen wir auch über Dinge um andere davon zu überzeugen bzw. andere davon abzubringen. Wenn wir zum Beispiel einen bestimmten Kinofilm sehen wollen, werden wir positive darüber sprechen. Wir hoffen so, andere davon überzeugen zu können. Das trifft auch auf so genannte „Influencer“ zu. Für viele Influencer ist die gezielte Beeinflussung ihrer Follower eine Art, Geld zu verdienen; sie bekommen oftmals eine Kommission sobald jemand das von ihnen beworbenen Produkt kauft.

Word-of-Mouth ist nicht gleich Mehrwert fürs Unternehmen

Nur weil Personen über mein Produkt sprechen oder eine Kampagne viele Klicks erhält, bedeutet dies nicht, dass ein Unternehmen oder eine Marke auch davon profitiert. In manchen Fälle geht es nur darum, kurzfristig Aufmerksamkeit zu erzeugen, aber in den meisten Fällen will ein Unternehmen auch langfristig profitieren. Zum Beispiel durch erhöhte Kaufbereitschaft oder veränderter Markenassoziationen. Wie kann ich sicherstellen, dass ich mehr als nur kurzfristige Aufmerksamkeit erhalte?

Emotionale und Informative Inhalte

Besonders erfolgreiche Kampagnen oder Produkte vereinen emotionale und informative Inhalte (Akpinar & Berger 2017). Emotionen sind wichtig um Word-of-Mouth zu generieren – also um Personen zu motivieren, darüber zu sprechen. Wie weiter oben erklärt, gibt es gewissen Emotionen, die besonders hilfreich sind. Viele Kampagnen belassen es aber dabei. Das Resultat sind emotionale bzw. lustige Videos, die viele Klicks generieren; letztlich aber ohne langfristigen Mehrwert für die Organisation dahinter bleiben. Zentral ist es, auch informative Element einzubauen. Das bedeutet, erfolgreiche Kampagnen schaffen es, die Emotionen in Verbindung mit dem beworbenen Produkt bzw. der Marke zu setzen. So wird eine Verbindung zwischen der Emotion und dem Mehrwert, den das Produkt liefert geschaffen.

Ein besonders gutes Beispiel ist hier zu sehen. Dieser Werbespot verbindet emotionale Inhalte mit informativen Inhalten zum Produkt.

Glaubwürdigkeit ist entscheidend

Wenn Konsument:innen Word-of-Mouth, und vor allem direkte Empfehlungen, bewerten, stellen sie sich primär die Frage nach der Glaubwürdigkeit der Empfehlung bzw. der Person, die die Empfehlung ausspricht.

Glaubwürdigkeit besteht aus zwei (eigentlich drei) Teilen:

  1. Vertrauenswürdigkeit
  2. Expertise
  3. Attraktivität

Vertrauenswürdigkeit betrifft die Frage, inwieweit die Person an meinem Wohlwollen interessiert ist oder ein anderes (oft finanzielles) Interesse hat. Anders ausgedrückt, empfiehlt mit die Person ein Produkt weil er/sie wirklich glaubt, dass mir das Produkt gefallen könnte bzw. weiter hilft, oder geschieht dies aus einem anderen Grund?

Expertise betrifft die Frage, wie qualifiziert eine Empfehlung ist. Wie gut kennt sich die Person auf dem Gebiet aus? Kann die Person eine qualifizierte Aussage machen?

Die Attraktivität ist oft schwer zu beurteilen (vor allem bei schriftlichen Empfehlungen); sie ist aber von Bedeutung in face-to-face Unterhaltungen.

Unternehmen, aber auch Einzelpersonen (Influencer) sollten sich daher fragen, wie sie Vertrauenswürdigkeit und Expertise signalisieren können um so die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass einer Empfehlung folge geleistet wird.

 

Weiterführende Literatur

  • Akpinar, E., & Berger, J. (2017). Valuable virality. Journal of Marketing Research, 54(2), 318-330.
  • Berger, J. (2014). Word of mouth and interpersonal communication: A review and directions for future research. Journal of Consumer Psychology24(4), 586-607.
  • Berger, J., & Schwartz, E. M. (2011). What drives immediate and ongoing word of mouth?. Journal of Marketing Research48(5), 869-880.
  • Dichter, E. (1967). How word-of-mouth marketing works. Harvard Business Review44(6), 148.
  • Kozinets, R. V., De Valck, K., Wojnicki, A. C., & Wilner, S. J. (2010). Networked narratives: Understanding word-of-mouth marketing in online communities. Journal of Marketing74(2), 71-89.

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Kurze Zusammenfassung des Vortrags - Word-of-Mouth Marketing
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